Dritter Ort: Definition, Relevanz, Merkmale und Beispiele

Dienstagabend, 18:00 Uhr, der Arbeitstag ist vorbei – und jetzt? Gehst du direkt nach Hause, ins Fitnessstudio oder irgendwo anders hin? Ohhh, du arbeitest 100% remote? Noch schlechter! Kurzum: deine Wahl könnte tatsächlich einen größeren Einfluss auf dein Wohlbefinden haben, als du denkst.

Wenn du nur zwischen Arbeit, Uni und Zuhause pendelst und kaum Zwischenstopps einlegst, fehlt dir vielleicht eine wichtige Zutat für ein erfüllteres Leben: ein „dritter Ort“, auch „dritter Raum“ genannt.

Beispiele für dritte Orte

Aber was genau ist ein „dritter Ort“? Ganz einfach: Dein erster Ort ist dein Zuhause, dein zweiter Ort ist dein Arbeits- oder Studienplatz – und der dritte Ort ist jeder Ort dazwischen, der nicht in diese beiden Kategorien fällt. Cafés, Parks, Buchhandlungen, Ateliers oder Gemeindezentren – sie alle können als dritte Orte dienen. Die einzige Bedingung: Du gehst freiwillig hin. Niemand erwartet es von dir.

Dein dritter Ort – oder auch mehrere – sollte ein Platz sein, den du gerne und regelmäßig aufsuchst. Und falls du gerade denkst, dass du keinen hast: Keine Sorge, damit bist du nicht allein.

Dritter Ort – Definition

Der Begriff „Dritter Ort“ geht auf das 1989 erschienene Buch The Great Good Place des Soziologen Ray Oldenburg zurück. Er beschreibt damit Orte, die soziale Begegnungen jenseits von Zuhause und Arbeit ermöglichen und einen Raum für „öffentliche Entspannung“ bieten. Dritte Orte sind Treffpunkte, an denen man sowohl vertrauten Gesichtern als auch neuen Menschen begegnet. Sie schaffen den Rahmen für leichte, angenehme Gespräche – ganz ohne den Druck, produktiv sein zu müssen.

Dr. Narae Lee, Postdoktorandin am Population Research Institute der Pennsylvania State University, erforscht, wie die gebaute Umwelt das psychologische Wohlbefinden beeinflusst, und hat sich intensiv mit der Rolle Dritter Orte beschäftigt.

„Eines der wichtigsten Merkmale Dritter Orte ist die soziale Interaktion – direkt oder indirekt“, erklärt Lee. An einem Dritten Ort könne man aktiv mit anderen ins Gespräch kommen oder gemeinsam an Aktivitäten teilnehmen.

Ebenso wertvoll sei aber auch die indirekte soziale Erfahrung: „Einfach inmitten anderer Menschen zu sein, die ähnliche Interessen teilen.“ Ein typisches Beispiel dafür wäre, in einem Theater zu sitzen, umgeben von anderen Theaterbegeisterten – auch ohne mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Warum brauchen wir einen Dritten Ort?

Dritte Orte spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie wir unsere individuellen und kollektiven Identitäten außerhalb von Zuhause und Arbeit formen. Dritte Orten sind unsere sozialen Knotenpunkte und sind eng mit unserem sozialen Wohlbefinden verknüpft. Das merken wir allen, insbesondere, wenn wir in einer Gesellschaft leben, die zunehmend von Einsamkeit geprägt ist.

Dabei geht es nicht nur darum, aktiv mit anderen zu interagieren. Schon allein die Präsenz an einem dritten Ort kann einen Unterschied machen. „Es ist wichtig, dem Gefühl der Einsamkeit zu entkommen und ein Gefühl von Gemeinschaft aufzubauen“, erklärt Lee. Manche Menschen suchen dritte Orte bewusst auf, um einfach unter Leuten zu sein – sie beobachten, entspannen und genießen das sanfte Hintergrundrauschen der Atmosphäre.

Wie findet man seinen dritten Ort? Der erste Schritt ist, sich klarzumachen, was einen wirklich interessiert. Einen dritten Ort zu wählen, der mit deinen Interessen verknüpft ist, macht es leichter, regelmäßig hinzugehen – und öffnet die Tür zu neuen sozialen Kontakten.

Beispiele für Dritte Orte im echten Leben (offline)

Da einige Menschen wenig oder auch kein Geld haben, um einen dritten Ort zu genießen, hier die Unterteilung.

Kostenlose Dritte Orte

  • Öffentliche Parks
  • Bibliotheken
  • Stadtteilzentren / Bürgerhäuser
  • Unis und Hochschulgelände (außerhalb der Vorlesungen)
  • Offene Werkstätten (teilweise kostenlos)
  • Kirchen und Gemeindehäuser
  • Jugendzentren
  • Museen (mit freiem Eintritt, oft einmal im Monat)
  • öffentliche Plätze und urbane Gärten

Kostenpflichtig Dritte Orte (meist mit Konsum verbunden)

  • Cafés
  • Coworking Spaces (z.B. Tagespässe)
  • Bars und Kneipen
  • Fitnessstudios
  • Kultureinrichtungen wie Theater oder Konzerthäuser (Eintritt)
  • Buchhandlungen mit Aufenthaltsmöglichkeiten
  • Kinos
  • Clubs

Zählen Online-Räume als dritte Orte?

Die Corona Pandemie war ein harter Schlag für unsere dritten Orte. Viele haben schmerzlich gespürt, was es bedeutet, feste Bezugspersonen im Alltag – wie den Barista im Lieblingscafé um die Ecke – plötzlich zu verlieren. Noch heute haben Menschen in Deutschland nicht einmal wieder einen festen zweiten Ort, sprich Arbeitsplatz, geschweige denn einen dritten. Die Kaffeepreise steigen und für viele wird das Ritual eines Kaffee’s unbezahlbar.

Diese gesellschaftliche Verschiebung hat deutlich gemacht: Beziehungen online aufzubauen und zu pflegen ist zwar möglich und hilfreich, aber trotz Remote Work, Zoom Calls, Smartphones und Co. bleibt es unbestreitbar schwieriger als im echten Leben.

Insbesondere für junge Menschen sind dritte Orte für ihr soziales Wohlbefinden wichtig. Die Menschen brauchen Orte, an denen sie sich austauschen, entspannen und Gemeinschaft erleben können, was psychische Belastung verringern können.

Virtuelle Communities bieten zwar auch psychologische Vorteile, doch Studien zeigen: Sie erreichen nicht die positiven Effekte auf das Wohlbefinden, die echte, persönliche Gemeinschaften mit sich bringen. Gerade für Menschen, die remote arbeiten und deren zweiter Ort primär digital ist, ist es wichtig, einen dritten Ort zu finden, an dem sie physisch präsent sein können.

Kostenlos nutzbar

  • Discord-Server (Communities zu Hobbys, Themen etc.)
  • Reddit-Foren (Subreddits)
  • Twitch-Chats und Community-Plattformen
  • offene Online-Workshops und Webinare
  • Social-Media-Gruppen (z.B. Facebook-Gruppen, Telegram-Communities)
  • Online-Spielewelten (z.B. Roblox, Fortnite – Basiseinstieg kostenlos)

Kostenpflichtig (meist in Verbindung mit Abos oder Zusatzangeboten)

  • Bezahlte Discord-Server oder Premium-Communities
  • Online-Coworking-Plattformen (z.B. „Focusmate“)
  • exklusive Online-Lernplattformen (z.B. Masterclass, Skillshare-Communities)
  • virtuelle Event-Plattformen (z.B. Hopin, Gather Town – teilweise kostenpflichtig)
  • kostenpflichtige Gaming-Plattformen (z.B. spezielle Server bei Minecraft, WoW)

Dritte Orte neu gedacht: Merkmale, damit echte Communities entstehen

Warum Generation Z und Y mehr als nur Treffpunkte brauchen – und wie Dritte Orte sie wirklich begeistern können Dabei unterscheide ich bewusst zwischen privatwirtschaftlichen und staatlichen Initiativen. Wichtig ist außerdem, die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: In einer Großstadt gelten meist andere Voraussetzungen und Bedürfnisse als in einer Kleinstadt oder einem Dorf mit nur wenigen tausend Einwohnern. Zur Orientierung habe ich einige zentrale Merkmale zusammengestellt, die sich an die Veröffentlichung des Landes NRW aus dem Jahr 2019 anlehnt.

1. Ein Ort mit Charakter und Wiedererkennung

Ein Dritter Ort soll Identifikation stiften – nicht beliebig, sondern mit eigener Handschrift.

  • Privat: Markenidentität und Community-Gedanke direkt in die Raumgestaltung integrieren.
  • Staatlich: Lokale Historie aufgreifen, aber offen genug bleiben für junge Impulse.

2. Erreichbarkeit ohne Hürden

Wer Generation Z und Y erreichen will, muss nah dran sein – oder es zumindest einfach machen.

  • Privat: Multimodale Erreichbarkeit (ÖPNV, Fahrrad, Scooter, Carsharing) aktiv fördern.
  • Staatlich: Standort clever mit neuen Mobilitätsideen verknüpfen (z.B. flexible Mitfahr-Services).

3. Zugang: niedrigschwellig und flexibel

Dritte Orte leben von Offenheit, nicht von Schwellenangst.

  • Privat: „Drop-in“-Kultur etablieren – niemand muss sich vorher festlegen.
  • Staatlich: Zugang ohne Konsumzwang und ohne komplizierte Anmeldeschritte sichern.

4. Öffnungszeiten, die dem Leben entsprechen

9-to-5 reicht nicht, wenn man wirklich Community will.

  • Privat: Abends, am Wochenende und spontan erweiterbare Öffnungszeiten sind essenziell.
  • Staatlich: Feste Zeiten als Basis, aber Raum für flexible Nutzung durch Gruppen und Initiativen bieten.

5. Atmosphäre: offen, kreativ, inspirierend

Ein Dritter Ort sollte sich anfühlen wie ein zweites Zuhause – und gleichzeitig wie ein Platz für Neues.

  • Privat: Vielseitige Räume, Instagram-worthy Ecken und gemütliche Arbeitszonen schaffen.
  • Staatlich: Multifunktionale Räume planen, die Eigeninitiative fördern.

6. Programmatik: Kultur + Innovation + Community

Das Programm muss sowohl Kultur als auch Innovation atmen – echte Begegnung entsteht im Mix.

  • Privat: Hackathons, Creator Markets, Speaker Nights – Formate, die Community und Kreativität verbinden.
  • Staatlich: Kulturelle Angebote neu denken, Kooperationen mit Schulen, Hochschulen und Startups ermöglichen.

7. Struktur: Verlässlichkeit trifft Co-Ownership

Verantwortung teilen heißt Zukunft gestalten.

  • Privat: Community-Manager:innen einsetzen, Peer-Moderation und Co-Ownership-Modelle ausprobieren.
  • Staatlich: Langfristige Trägerschaften sichern, aber Raum für selbstorganisierte Initiativen lassen.

8. Tech-Standard: Always on

Digitalisierung ist kein Zusatz – sie ist Grundausstattung.

  • Privat: High-Speed-WLAN, hybride Eventtechnik, digitale Community-Tools (z.B. Apps) einplanen.
  • Staatlich: Internet als Grundrecht verstehen und technisch hochwertig integrieren.

9. Beteiligung: Mitmachen, nicht nur konsumieren

Dritte Orte müssen Plattformen für echte Teilhabe sein.

  • Privat: Co-Creation Days, Community Labs, User Voting für Angebote einführen.
  • Staatlich: Beteiligungsprozesse jung und experimentierfreudig gestalten – Fokus auf Selbstwirksamkeit.

10. Teil der großen Vision

Ein Dritter Ort ist nicht nur ein Platz – er ist Teil einer Bewegung.

  • Privat: Sich als Teil der lokalen Innovations- und Nachhaltigkeitsstrategie positionieren.
  • Staatlich: Regionale Entwicklung aktiv mitgestalten – Fokus auf Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit.


Fazit: Die Bedeutung Dritter Orte für die Generationen Y und Z

In einer zunehmend digitalen Welt gewinnen Dritte Orte – Orte jenseits von Zuhause und Universität/Arbeitsplatz – eine zentrale Bedeutung, insbesondere für die Generationen Y und Z. Diese Generationen sehnen sich nach echten Begegnungen, Gemeinschaftsgefühl und Zugehörigkeit. Dritte Räume bieten ihnen genau das: niedrigschwellige, sichere Orte für informellen Austausch, kreative Entfaltung und soziale Unterstützung. Sie wirken präventiv gegen Vereinsamung und tragen maßgeblich zur psychischen, mentalen und sozialen Gesundheit bei. Besonders in Zeiten wachsender sozialer Isolation ist die gezielte Schaffung solcher Orte entscheidend, um lebendige, resiliente Gemeinschaften zu fördern.

Herzlich
Gerrit


Gemeinsam Lösungen gegen Einsamkeit schaffen

Mit meinen Dienstleistungen unterstütze ich, Gerrit Dokter, Organisationen, Unternehmen und Städte dabei, innovative Konzepte gegen Einsamkeit zu entwickeln: von Innovationsworkshops zur Ideenfindung über Best-Practice-Analysen erfolgreicher Dritter Räume bis hin zu konkreten Strategien für lebendige IRL Communities. Bist du bereit, echte Verbindungen zu ermöglichen? Lass uns gemeinsam neue Räume schaffen, in denen Gemeinschaft wächst!


Gerrit Dokter ist Experte für Einsamkeitslösungen, IRL-Communities und soziale Innovation. Ansäßig in München entwickelt er wirkungsvolle Strategien gegen Einsamkeit – speziell für die Generationen Z und Y. Als Social Entrepreneurs, Berater und Speaker verbindet er wissenschaftliche Erkenntnisse mit praktischen Lösungen, die echte zwischenmenschliche Nähe fördern. Wenn er nicht gerade die Zukunft von Freundschaften erforscht, teilt er sein Wissen über soziale Verbundenheit, kuratiert transformative IRL-Erlebnisse oder tüftelt an Projekten, die Menschen nachhaltig zusammenbringen.

Sag Hey auf LinkedIn – Gerrit freut sich immer über gute Gespräche und echte Verbindungen.


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